Grundsätze einer Mietkonzeption
der Wohnungsgenossenschaft

Förderzweck

Der Auftrag der Genossenschaft und ihrer Organe (Mitglieder- bzw. Vertreterversammlung, Vorstand, Aufsichtsrat) lautet gemäß § 2 der (Muster)Satzung:

«Zweck der Genossenschaft ist die Förderung ihrer Mitglieder, vorrangig durch eine gute, sichere und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung».

Gemäß § 15 Absatz 1 begründet die vertragliche Überlassung einer Genossenschaftswohnung «grundsätzlich ein dauerndes Nutzungsrecht des Mitglieds».

Der Satzungszweck bestimmt, dass die Mitglieder ein dauerhaftes Nutzungsrecht an einer Genossenschaftswohnung erhalten, die gut, sicher und sozial verantwortbar zugewiesen wurde. Im rechtlichen Sinne wurde sie vom Mitglied mit seinen Geschäftsanteilen teilfinanziert. Darin besteht der Förderzweck der Genossenschaft. Dieser Förderzweck muss dem Genossen mit seinem Dauernutzungsrecht gewährleistet werden. Das heißt, dass die Wohnbedingungen und die Nutzungsentgelte (Mieten) so gestaltet werden müssen, dass dem Mitglied sein Dauernutzungsrecht auf Lebenszeit erhalten bleibt.

Nutzungsentgelt

Der Stellung des Mitglieds als Miteigentümer entsprechend wird von ihm für die Nutzung der Wohnung ein Nutzungsentgelt erhoben. Das Nutzungsentgelt dient der Deckung der Kosten der Bewirtschaftung der Wohnung. Es ist kein Mietpreis, der auf dem Wohnungsmarkt gebildet wird und der der Verwertung des eingesetzten Kapitals einschließlich der Erzielung einer Rendite unterworfen ist.

Pflege und Erhaltung des Wohnungsbestands

Die Pflege und Erhaltung des genossenschaftlichen Eigentums ist eine vorrangige Aufgabe der Genossenschaft und ihrer Organe. Das verlangt die laufende Erhaltung des Wohnungsbestandes (Instandhaltung, Verhinderung von Schäden) und seine Instandsetzung.

Der Wohnungsbestand ist in dem Sinne erweitert zu reproduzieren, als der Wohnwert dem üblichen Standard der Technik angepasst und sozialverträglich erhöht wird.

Modernisierung Die Modernisierung der Wohnungsbestände ist mit dem Ziel der Erhöhung des Wohnwerts und der Energieeinsparung entsprechend den finanziellen Möglichkeiten der Mitglieder zu betreiben. Sie darf in keinem Falle zur Vertreibung der Mitglieder und Mieter und damit zur Gefährdung des genossenschaftlichen Dauernutzungsrechts führen. Die Zustimmung oder Nichtzustimmung der Mitglieder und Mieter zu Art und Umfang der Modernisierung bleibt unverzichtbares Recht der Mitglieder und Mieter.

Neubau von Wohnungen Der Neubau von Wohnungen kann entsprechend dem Bedarf der Mitglieder geplant und nach dem Durchlaufen der demokratischen Beschlussfassung durchgeführt werden. Dabei ist in erster Linie vom Bedarf der bestehenden Mitglieder und Mieter auszugehen, zum Beispiel bei der Vergrößerung oder Verkleinerung der Familien, bei Bedarf der heranwachsenden Kinder an einer eigenen Wohnung, bei Veränderung der Lebensweise bei Alter, Krankheit oder Behinderung. Interessenten von außerhalb der Genossenschaft können beim Neubau berücksichtigt werden, sofern zu einer effektiven Baugestaltung die Aufnahme neuer Mitglieder zweckmäßig ist. Eine soziale Durchmischung ist dabei ebenso zu gewährleisten wie die Eingliederung der Neumitglieder in das genossenschaftliche Leben.

Vermeidung von Wohnungslosigkeit Unter Berücksichtigung der Erfordernisse von Menschen mit geringem Einkommen ist zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit eine bestimmte Anzahl von preiswerten Wohnungen mit einfachem Standard vorzuhalten.

Planung der Nutzungsentgelte Gemäß den Erfordernissen der Erhaltung des Bestands und der Wohnwertverbesserung und unter Berücksichtigung der Preise und der Kosten für Verwaltung und Kapitaldienst sind die Kosten der Werterhaltung und Sanierung sowie die erforderlichen Nutzungsentgelte/Mieteinnahmen vom Vorstand langfristig zu berechnen und zu planen. Luxusmodernisierung ist auszuschließen. Die Nutzungsentgelte/Mieteinnahmen dienen der Erhaltung des Wohnungsbestandes, jedoch nicht der Erwirtschaftung von Gewinn.

Ein langfristig ausgewogenes Verhältnis von Einnahmen und Ausgaben sichert zugleich die wirtschaftliche Stabilität und Liquidität der Genossenschaft. Die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben ist ausschließlich dem Wohle und der Förderung der Mitglieder untergeordnet.

Die Entwicklung der Nutzungsentgelte/die Mietpreisentwicklung der Genossenschaft unterliegt dem Maßstab des Wohles aller Mitglieder.

Kosten des Wohnungsneubaus Wohnungsneubau ist dem Bedarf entsprechend kostendeckend zu planen. Die Refinanzierung ist durch rechtzeitige Belegung zu sichern. In Einzelfällen können Neubauwohnungen personengebunden an bedürftige Altmitglieder unterhalb der Kostenmiete vergeben werden. Eine Querfinanzierung des Wohnungsneubaus durch die Erhöhung der Nutzungsentgelte von Bestandswohnungen der Genossenschaft ist nicht zulässig.

Neubauvorhaben einschließlich der zu zahlenden Nutzungsentgelte werden in der Generalversammlung oder in der Vertreterversammlung beschlossen. Die geplanten bzw. vorausberechneten Konditionen sind den Mitgliedern vor der Behandlung in der General- oder Vertreterversammlung bekanntzugeben und zur Diskussion zu stellen. Auf Forderung der Mitglieder kann in einem Mitgliederentscheid über das Neubauvorhaben abgestimmt werden.

(Anmerkung: Zur Einführung eines Mitgliederentscheids ist eine Satzungsänderung erforderlich. Bis zur Satzungsänderung bleibt der Mitgliederentscheid unberücksichtigt.)

Stabilität der Nutzungsentgelte/Mieten Als Grundprinzip der Entwicklung der Nutzungsentgelte/Mieten werden die bestehenden Nutzungsentgelte/ Mieten weitgehend stabil gehalten. Eine Erhöhung der Grundmiete wird nur bei nachgewiesener Notwendigkeit auf der Grundlage von Kostenrechnungen des Vorstands zulässig sein. Die Nutzungsentgelte/Mieten dürfen bei Notwendigkeit nur bis zur Höhe von 5 Prozent unter dem Mittelwert des örtlichen Mietspiegels erhöht werden. Die Steigerung des Nutzungsentgelts/die Mietsteigerung darf im Einzelfall (je Mieter) nicht mehr als 10 Prozent in drei Jahren betragen.

Erhöhungen der Nutzungsentgelte/Mieterhöhungen sind von der General- oder Vertreterversammlung oder auf Forderung der Mitglieder von einer einzuberufenden Generalversammlung oder durch Mitgliederentscheid zu bestätigen.

In der jährlichen General- oder Vertreterversammlung, die über den Jahresabschluss beschließt, ist vom Vorstand über die Realisierung der Mietkonzeption zu berichten. Notwendige Veränderungen sind von der General- oder Vertreterversammlung zu beschließen. In dem Förderbericht, der vom Vorstand vorzulegen ist, ist über die Förderung der Mitglieder durch die Wohnungszuweisung und durch die Festlegung der Nutzungsentgelte zu berichten.

Modernisierungsumlage Bei der Modernisierung von Wohnungen ist in Bezug auf die Maßnahmen und die Erhöhung der Grundnutzungsentgelte/Nettokaltmieten die Zustimmung der Wohnungsnutzer einzuholen.

Bei der Modernisierung ist zu sichern:

a) Es dürfen nicht mehr als zehn Prozent der anrechenbaren Kosten umgelegt werden.

b) Bei energetischer Modernisierung darf die Erhöhung der Nutzungsentgelte/Mieten die nachgewiesene Einsparung an Energie nicht übersteigen.

c) Die Modernisierungsmaßnahmen einschließlich der Instandhaltung müssen vollständig in die Modernisierungsankündigung einbezogen werden und dürfen bei einzelnen Maßnahmen nicht zusätzlich zur Modernisierungsumlage auf das Nutzungsentgelt/die Miete aufgeschlagen werden.

d) Bei der energetischen Modernisierung wird den Mietern für drei Monate eine angemessene Mietminderung gewährt.

e) Härtefälle werden mit den betroffenen Mietern innerhalb der Zustimmungsfrist beraten, um die Härten auszugleichen oder zu mildern.

f) Nach der Amortisierung der Modernisierungskosten (Laufzeit abhängig vom festgelegten Prozentsatz der Umlage, z.B. bei 9 Prozent nach 11 Jahren) werden die Nutzungsentgelte/Mieten der betreffenden Wohnungen auf das Niveau vor der Modernisierung zurückgeführt.

Initiative «Genossenschaft von unten»
Berlin, 11. August 2014